Donnerstag, 27.08.20. Bielefeld. Zählt mobiles Arbeiten als Sport? Ich frage für meinen Heimtrainer. Und gibt es eine App, die diese Mobilität misst?! Ich mache nur einen Scherz. War kein toller Tag heute. Ich bin froh, nach dem langen mobilen Arbeiten tatsächlich mobil sein zu können und einfach loszulaufen. Manchmal klingt es wie Flucht. Ist jedoch eine Art Laufen aus Verärgerung, um die negative Energie abzubauen und den Mist aus dem Kopf zu schmeißen. Wenn man zu lange an einem Ort sich ärgert, scheint der Ort sich damit aufzufüllen und sich an dir zu reiben und dich wie ein Luftballon statisch aufzuladen.
Also laufe ich – wie häufig in solchen Momenten – kopflos los. Hauptsache raus!
Ich bin zügig unterwegs. Habe jedoch zu meiner Überraschung kein Problem mit meiner Puste. Doch dann, ein Stechen an meinem rechten Schlüsselbein deutet sich an, der sich langsam an meinem Hals unangenehm hocharbeitet. Das mit dem Hals beginnt bei jeder Abwärtsbewegung meiner Schulter wehzutun. Muss ich mir Sorgen machen? Gesund kann es nicht sein, denke ich mir und damit erreiche ich, dass ich all den vorherigen Mist vergesse. Aber so habe ich es mir natürlich nicht vorgestellt. Nur, wann ist es so, wie man es sich vorstellt?!
Scheiß `was drauf!
Ich laufe einfach weiter. Mal schauen, wohin es mich diesmal führt. Und es führt mich… zu müden Beinen. Ich bin knapp über 5km. Eine willkommene Ablenkung von den Leiden auf der rechten Seite (Schulter, Hals). Zumindest sind beide Beine gleich müde. Dennoch laufe ich mit gleichem Tempo weiter. Von außen sieht man mir nichts an.
Seltsam, niemand kann erahnen, welche inneren Kämpfe jemand mit sich austrägt und wie viel Willen man braucht, um dennoch weiter zu machen, als sei nichts. Wäre es jemand anderes als ich, ich würde diesen Menschen in diesem Augenblick bewundern. Aber nimmt man hingegen sein eigenes Elend wahr, dann wirkt nichts heroisch daran, sondern nur arm.
Irgendwie bin ich zu streng zu mir. Der Tag sitzt mir wohl tiefer in den Knochen als mir bewusst ist. Und dann lächle ich, denn wäre ich zu abgekämpft oder außer Atem, hätte ich nicht die Energie, bei so einem für mich temporeichen Lauf irgendeinen Gedanken an irgendetwas anderes als Luft zu holen verschwenden zu können!
Als hätte mein Körper auf dieses Stichwort gewartet, merke ich plötzlich, dass ich keine Energie mehr habe. Als hätte jemand den Stecker gezogen. Wuschhhhh, Akku leer. Jetzt wird es anstrengend.
Wieder prüfe ich meine Distanz und Zeit. Sieben Komma irgendetwas. Ich bin immer noch knapp mit 5min./km unterwegs und kann die 10km in ca. 50min. schaffen.
Während ich mich frage, warum ich das will, merke ich, dass ich einfach nicht langsamer laufen kann. Das konnte ich noch nie. Der einzige Unterschied zu vorher ist, dass ich vor kurzem keine fünf Kilometer weit kam, wenn ich zu schnell lief. Jetzt habe ich anscheinend genug Kondition aufgebaut, um mich selbst länger zu quälen.
Dann sind es nur noch zwei Kilometer.
Ich werde schneller.
Komme ich an die 50er Marke?
Der letzte Kilometer.
Mein Herz schlägt gegen meine Brust und übertönt alles andere. Ich schnappe nach Luft wie ein Fisch an Land. Egal, ich beschleunige und will die 50 vorne stehen haben und jetzt, wo es zum Greifen nahe ist, soll es nicht an etwas Banalem wie »Keine Luft« oder Schmerzen scheitern.
Und dann… – bin ich glücklich.
10km in 50:21min. Das bedeutet, dass ich pro Kilometer 5:02min. im Durchschnitt benötigt habe.
Heute habe ich mit allem gerechnet, aber niemals, dass ich wieder meine Zeit verbessere.
Es ist jetzt die dritte Verbesserung innerhalb von sechs Wochen:
- 17.07.20: 10km in 52:39
- 28.07.20: 10km in 51:51
- 27.08.20: 10km in 50:21