Sonntag, 06.09.20. Ich bin heute zum 7ten Geburtstag einer jungen Dame eingeladen. In knapp zwei Stunden startet die Feier, und da ich wenig Zeit habe, will ich vorher noch schnell laufen gehen. Außerdem sind die Feiern, muss man wissen, bei dieser befreundeten Familie immer sehr essen- und kuchenlastig. Das alles schmeckt zu gut, um zu wenig davon zu essen. Also genug Gründe für mich, schnell loszulaufen, was ich dann auch sofort tue.
Beim Laufen versuche ich, alles um mich herum auszublenden, was mir sehr gut ohne Brille gelingt. Doch reicht meine Sehkraft immer noch aus, um andere wahrzunehmen, die meinen Weg kreuzen. Zwei Joggerinnen laufen genau in meine Richtung und wenn meine groben Berechnungen stimmen, werden wir uns direkt vor die Füße laufen. Der Gedanke nervt mich. Anscheinend reicht dieser kurze Aufreger, um mir einen Kick zu verpassen. Und plötzlich ich viel zu schnell. Eigentlich wie immer.
Als ich die beiden Damen längst hinter mir gelassen habe, kann ich mein Tempo wie jedes Mal nicht wieder drosseln. Irgendwie fehlt das Bremspedal. Dann, denke ich mir, mache ich solange weiter, bis der Sauerstoffmangel meinen Körper zur Langsamkeit zwingt.
Ich schaue auf meine Uhr: Kilometer 3 alle unter 5 Minuten. Ok, gar nicht so schlecht – eigentlich ziemlich gut, fällt mir ein.
Daraufhin konzentriere ich mich auf meinen Lauf. Ich achte darauf, gleichmäßig zu laufen, ohne groß das Tempo zu variieren. Ich atme bewusst, kontrolliert und angemessen, nicht zu hastig. Schaue, ob etwas meinen Lauf stören könnte (Radfahrer, Fußgängergruppen, Straßenübergänge, enge Stellen) und weiche denen frühzeitig aus, ohne dabei mein Tempo zu ändern und mehr Energie zu verschwenden.
Kilometer 6 bin ich in 4:31 Minuten gelaufen. Ok, das ist wirklich ziemlich gut für mich. Vielleicht, denke ich mir, während ich im Kopf nachrechne, schaffe ich die 10 Kilometer in 50 Minuten.
Mir geht es nämlich ganz gut. Kein Seitenstechen. Keine Probleme mit der Atmung. Ich muss einfach nur so… weiterlaufen. Es klingt bestechend schön.
Jetzt achte ich intensiv auf mein Tempo und meine Atmung. Versuche, immer konstant und große Abweichung zu laufen. Ich erinnere mich nicht, jemals so sehr auf mein Laufen fokussiert gewesen zu sein. Und dann habe ich die 10 Kilometer geschafft:
10km in 47:59min.
Das bedeutet, dass ich pro Kilometer 4:48min. im Durchschnitt benötigt habe. Wahnsinn!
Es ist jetzt die vierte Verbesserung innerhalb von knapp acht Wochen:
- 17.07.20: 10km in 52:39
- 28.07.20: 10km in 51:51
- 27.08.20: 10km in 50:21
- 06.09.20: 10km in 47:59
Ich habe mich um mehr als vier Minuten von meiner ersten Bestzeit bis heute verbessert!
Meine heutige Bestzeit habe ich lediglich den glücklichen und zufälligen Umstand zu verdanken, dass die beiden Joggerinnen gleich zu Anfang meinen Laufweg gekreuzt hätten und ich mich genötigt sah, zu beschleunigen.
Jetzt muss ich schnell unter die Dusche. Bei all der Geschwindigkeit werde ich trotzdem zu spät auf dem Geburtstag ankommen, viel zu viel essen, viel zu spät am Abend damit aufhören und daher nachts nicht einschlafen können.