Dienstag, 10.11.20. Montage sind schwer, besonders wenn sie sich bis zum Dienstag hinziehen. Als ich meine Augen wieder schließe, leuchtet eine Eins Doppelpunkt Null Acht viel zu rot auf meiner Netzhaut nach. Heute wache ich zwei Stunden früher als gestern auf. Ich sollte nicht auf meine Smartwatch schielen, um diesen Moment noch exakt zu bestimmen. Diese Aktion hilft mir nicht. Es ist zu spät. Der Schlaf und ich führen eine schwierige Beziehung.
Illusion von Kontrolle
Vielleicht liegt es an der vagen Hoffnung, beim nächsten Mal auf eine humanere Zeit zu blicken. Vielleicht ist es die beruhigende Illusion von Kontrolle. Erfassen, ablegen und sich später damit befassen – wenn überhaupt. Das Unangenehme aus dem Blickfeld räumen. Oder es liegt gar nicht an mir, sondern am Älterwerden, wo der Körper nicht einmal das Schlafen durchhält. Doch für diese Art von Gedanken bin ich nicht wach genug, und mit dem Drehen auf die andere Seite gleite ich wieder in den Schlaf, um vor meinen Wecker aufzuwachen.
Zombiemodus
Wachsein nach einem Schlaf mit Unterbrechungen ist wie eine Nacht nach einem Besäufnis. Man ist gereizt, übermüdet, sauer und verflucht den Tag. Eigentlich ist es noch schlimmer, denn es gab am Vorabend keine Party und kein Alkohol. Ich muss etwas Besonderes sein, denn ich brauche keine Kinder, um nachts nicht durchschlafen zu können und keinen Alkohol, um am Morgen »verkatert« zu sein. Zum Glück arbeite ich von Zuhause!
Und während sich meine Gedanken selbstmitleidig in meiner kleinen Welt um mich selbst kreisen, höre ich von einer Kollegin am Telefon von einem Corona-Fall bei uns.
Corona
Corona – das war etwas, über das ich bisher nur indirekt schrieb, als ich über mein mobiles Arbeiten oder meine Kurzarbeit bloggte (den Gedanken, dass mein schlechter Schlaf hiermit zu tun haben könnte, erwäge ich nicht). Niemand aus meinem Umfeld noch ich waren davon – glücklicherweise – betroffen. Hier und da hörte man etwas, aber alles blieb anonym, diffus und fern. Trotz allen Schreckens nichts Greifbares. Nur beunruhigende Betrachtungen aus der Ferne wie in den Medien.
Und jetzt erfahre ich, dass sich ein Kollege, ein kompetenter und sanftmütiger Mensch aus unserem Projektteam in Österreich, mit dem Coronavirus angesteckt hat. Und plötzlich trifft es jemanden, den man persönlich kennt und trotz Hunderter Kilometer verschwindet Distanz.
Wir hoffen alle, dass seine Krankheit milde verläuft.