Die Dunkelheit und das Leuchten im Bad

Dienstag, 17.03.20. Bielefeld.

Mein Bad ist ein dunkler Ort.

Nein, nicht, weil dort schmutzige Sachen passieren – die Umkehrung dessen ist bekanntlich auch eine wichtige Funktion –, sondern weil es klein ist und es zusätzlich mit einem kleinen, schicken Fenster gesegnet wurde, das sich aus dem Licht aus einer Häuserschlucht speist, die zwei eng aneinandergrenzende Häuser bilden, welche sich trotz allem nicht zu nahe kommen möchten.

Das Licht aus diesem Häuserspalt ist häufig knapp und daher brauche ich zusätzliches Licht.

An diesem Ort also passiert mir etwas, das man sonst aus Blondinenwitzen mit Glühbirnen kennt. Denn die Lichter an meinem Badezimmerspiegel geben einer nach dem anderen den Geist auf und so muss ich zumindest eine austauschen.

Die beiden Leuchtröhren wurden heute geliefert. Meine zweite Bestellung. Ich hatte sie gekauft, weil die Röhre aus meiner ersten Bestellung kaputt war. Also bestellte ich gleich zwei davon. Sicher ist sicher.

Ich packe die eine Röhre aus und höre entsetzt das gleiche, lose Herumklimpern eines klitzekleinen, metallischen Etwas in der Röhre wie bei meiner ersten Bestellung.

Neeeeeeeiiiin! Es klingt wie das Fallen in die Tiefe. Bitte, nicht schon wieder!

Mein Flehen bleibt ungehört. Von wem auch? Ich bin kurz davor, mich aufzuregen, aber ich will erst abwarten, ob sie wirklich kaputt ist und ich habe ja sicherheitshalber noch eine zweite mitbestellt!

Ich setze die erste der beiden Röhren oben ein. Mein Spiegel hat oberhalb des Spiegels eine Art getrenntes Oberlicht. Ich gehe vor die Tür, schalte das Licht ein und was es passiert… nichts!

Verdammte… ich kann mich noch fangen. Ich schalte das Licht wieder aus. Nehme die Röhre heraus. Packe die andere aus. Kippe sie wie eine Wippe hin und her und lausche bange auf das bekannte Klimpern eines losen Teils… und höre… nichts. Gut!

Diesmal bin ich sehr angespannt und vorsichtig, was bedeutet, dass ich sehr langsam die Leuchtröhre in meinen Spiegel einsetze. Ich will nicht riskieren, etwas falsch oder kaputt zu machen. Das wäre mir zu viel. Ich schwanke zwischen Hoffnung, Verzweiflung und Wut. Alle drei lauern auf ihren Moment.

Ich setzte die dritte und letzte Röhre ein. Gehe langsam zum Lichtschalter, als könnte das Hinauszögern des Moments irgendetwas im Universum zu meinen Gunsten ändern und kippe den Lichtschalter.

Ich warte, knipste den Lichtschalter ein paar Mal aus und an, als bräuchte der Strom seine Zeit oder als müsste das Licht erst warmwerden. Eigentlich nimmt sich mein Gehirn Zeit, um die Situation zu verarbeiten, weil ich eigentlich nicht ausrasten möchte. Und dann doch…

SCHEIßE! Wollen die mich verarschen!!!

Für einen kurzen Moment kippt ein Schalter in mir, von dem ich nichts wusste, und ich mutiere zum Hulk. Meine Kleider explodieren auf meinem Körper. Meine Augen quillen heraus. Die Adern springen aus meiner Stirn und pochen Schimpfwörter. Dann nehme ich die zweite Leuchte und würde sie am Liebsten gegen etwas schleudern, nur um zeigen, wer hier das Sagen hat!

Und während ich dieser zweiten Leuchte zu drohen versuche, flackert etwas in meinem Kopf auf… Moment mal! Drei kaputte Leuchtröhren?!

Es scheint ein Licht in meinem Kopf anzugehen.

Es ist doch höchst unwahrscheinlich, sage ich mir jetzt ruhiger geworden, dass alle drei Leuchten gleichzeitig kaputt sind!

Ich denke nach. Das hat mir schon häufiger geholfen.

Und während ich nachdenke, wandern meine Augen nach etwas in meinem Kopf suchend umher. Und da plötzlich entdecke ich es!

An der Seite des Oberlichts versteckt im Schatten und unter Staub: Ein weiterer Lichtschalter! Mein Spiegel hat nämlich ganz unten rechts einen Lichtschalter, den ich angeschaltet habe. Den zusätzlichen Lichtschalter oben hatte ich völlig vergessen. Das passiert, wenn man das Licht erst Wochen später bestellt und in der Zwischenzeit diese wichtige Kleinigkeit vergisst. Zu meiner Verteidigung, den Schalter habe ich nur ein einziges Mal benutzt, als das Licht kaputt ging und ich die Röhre herausnahm.

Ich schaue den wiederentdeckten Schalter verdutzt an, als könnte es mir antworten. Und dann knipse ich es an. Siehe da, es wird Licht!

Noch völlig perplex und erleichtert, denkt mein Kopf ein wenig weiter. Denn ihm ist dieser Erfolg nicht genug.

Probier doch mal die anderen Röhren aus, flüstert es mir wie etwas Verbotenes ins Ohr.

Kurz nachgedacht. Lichtschalter an der Tür ausgeknipst. Röhre Nr. 3 gegen Nr. 2 ausgetauscht. Dann das obligatorische Anknipsen. Und wieder: Es wird Licht.

Hm, warum nicht weitergehen?

Lichtschalter an der Tür wieder ausgeknipst. Röhre Nr. 2 gegen Nr. 1 ausgetauscht. Dann wieder das Licht eingeschaltet. Und wieder: Es wird Licht.

Ich schüttle den Kopf und kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.

Wie ging nochmals der Blondienenwitz:

Wie viele Blondinen benötigt man zum Wechseln einer Glühbirne?

Zwei. Eine hält die Birne an die Fassung, während sie auf der Leiter steht und die andere dreht die Leiter.

Ich bin nicht blond.

Ich bin Südländer.

Und Informatiker.

Und ich wünschte, ich könnte sagen, dass mir etwas in der Art niemals zuvor passiert ist, aber das Bad scheint für mich ein verhexter Ort zu sein, der meine geistigen Fähigkeiten übel beeinträchtigt. Ich scheiterte bereits in meinem Bad an einem linksdrehenden Wasserhahn oder kämpfte gegen eine verwunschene Duschkabinentür. Heute war es der verzauberter Badezimmerspiegel.

Vermutlich bin ich so schlau, dass mir nur deswegen die dümmsten Sachen passieren. Ich fürchte, es wird nicht das letzte Mal sein…


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert