Dollarnote

Das perfekte Verbrechen und die verlorene Gerechtigkeit

In meiner Kindheit sah ich mir gerne Hollywoodfilme an und lernte dabei eine besondere Variante des „Vom Tellerwäscher zum Millionär“: die des Kriminellen. Die Erkenntnis kam nicht sofort, sondern kristallisierte sich nach vielen konsumierten Filmen heraus. Nicht, dass ich diese Filme besonders mochte, denn die Bösen gewannen darin und ließen einen bitteren Beigeschmack. Mich regten solche Filme immer auf. Doch irgendwann nervte ich mich über mich selbst und versuchte, dem etwas Positives abzugewinnen. Es handelte sich ja nur um einen Film und jeder Film enthielt eine lehrreiche Botschaft. Zwar war meine Interpretation etwas eigenwillig und stellte die sogenannte Botschaft vielleicht auf den Kopf, das aber konnte ja nicht mein Fehler sein!

Zwischen den Zeilen lass ich: wenn du kriminell wirst, dann musst du extrem kriminell werden, um extrem viel Geld zu verdienen! Denn irgendwann, so der eindeutige Hinweis in den Filmen, wirst du erwischt und dann brauchst du viel Geld, um dir die besten Anwälte zu leisten. Die Besten waren immer die teuersten.

Später entdeckte ich die Vertiefung dieses Konzepts durch noch raffiniertere Gesetzesbrecher. Diese sicherten sich weiter ab. Sie kauften oder bestachen Menschen direkt. Die Gewieften unter ihnen bevorzugten jedoch die indirekte Methode. Sie kleideten sich im Gewand des guten Gewissens und spendeten viel Geld. Von diesem Geld profitierten mächtige oder einfach nur viele Menschen. Damit sicherte der Kriminelle sich die Loyalität. Manche von ihnen wurden zum Vorbild hochgejubelt. Sogar als das volle Ausmaß des Verbrechens herauskam, sagten ebendiese Menschen: so schlecht kann er nicht gewesen sein! Er hätte ja so viel Gutes getan und bewirkt. Es gäbe schlimmere. Und vor allem – wir alle seien ja nicht perfekt.

Das perfekte Verbrechen ist also nicht jenes, bei dem der Täter nicht erwischt wird, sondern jenes, für das der Täter niemals belangt wird, obwohl er als solcher entlarvt wurde.


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