Roadtrip to Berlin

Wochenrückblick 24|2018 – Ein junger Mann in einem alternden Körper

»Du willst doch nur mit mir schlafen!«
»Ich bin so müde, ich würde auch ohne dich schlafen.«
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Donnerstag. Ich stehe sehr früh auf, um ein wenig mehr beim Kunden zu arbeiten, bevor mein Kollege und ich zum Team Meeting unserer Firma in Berlin aufbrechen. Dann fahren wir erst von Gütersloh nach Bielefeld, meinen Wagen abstellen. Anschließend Weiterfahrt nach Hannover, um einen weiteren Kollegen abzuholen.

Berlin is calling. Fünf Stunden Fahrt im Luxusauto bei Hitze. Aber mein Körper ist nicht für Luxus gebaut. Und so erkennt das Auto mich als Fremdkörper. Die Klimaanlage wütet gegen meinen Körper. Mein Nacken versteift sich. Zum Schutz umspannt ein feines Netz aus roten Äderchen meine Augen. So also fühlt sich Essen im Dampfgarer an: außen kühl, während es innen hart gart.

Das alles wäre gar nicht so schlimm gewesen, hätte ich nicht zu wenig getrunken. Und dennoch war mein Weg mit Hoffnung gepflastert – denn abends gingen wir mit den Kollegen essen. Aber wie sagte einst ein weiser Mann: Hoffnung ist ein Ort in Sehnsucht gleich links neben den Träumen. Denn so lecker das Essen auch in dem gemütlichen Berliner-Restaurant war, das Personal schien einem reservierten Ansturm von über 50 Beratern nicht gewachsen zu sein.

Zugegeben, ich war auch ein wenig überrascht. So viele junge, unbekannte Gesichter hatte ich nicht erwartet. Da bin ich zwei Jahre auf einem anderen Projekt an einem anderen Ort und schon kennt man mehr als die Hälfte der Kollegen nicht.

Obwohl ich Durst hatte, trank ich sehr wenig. Aber das lag nicht an mir, sondern an dem Restaurant. Ich vermute, die Getränke (Wasser, Cola, Wein, Bier), wurden zeitlich gut eingeteilt, damit sie nicht gleich in der ersten Stunde ausgingen. Und dann war da noch die Lautstärke. Dieses kleine, schnuckelige Restaurant wirkte wie ein Verstärker, der einen störenden Lärmpegel erzeugte, dass wir laut zu reden begannen. Geschenkt, immerhin konnte ich ausschlafen. Also ab zum Hotel.

Freitag. Eigentlich hätte ich es wissen müssen, Ausschlafen war keine ernsthafte Option für meinen Körper. Der dachte sich, wenn ich schon spät schlafen gehe, dann stehe ich erst recht früher auf und übertreffe sogleich den gestrigen Morgen. Mein Kopf dröhnte als hätte ich den ganzen Abend vor einem Lautsprecher gestanden, und mein Hals brannte. Früher musste ich eigens dafür in eine Disco gehen und etwas trinken. Heute brauche ich das nicht mehr (man muss sich auch weiterentwickeln). Zu allem Überfluss meckerte unaufhörlich ein Vogel direkt vor meinem Zimmerfenster. Mein Wecker hatte keine Chance.

Ich stand auf und leitete meinen Reparaturmodus ein: warmes Duschen, warmer Kaffee. Was gibt es besseres? (Vielleicht ein warmes Bett…) Und dann musste ich schon los, zum Team Meeting. Mein Körper hatte den Reparaturvorgang noch nicht abgeschlossen. Status 33,45%.

Das Meeting mit den Kollegen schnurrte in angenehmer Atmosphäre. Wir waren in unserem hippen Lab. Lauter junge, kreative Leute in cooler Arbeitsumgebung. Ein bisschen neidisch konnte man da schon werden. Ich trank den ganzen Tag. Doch das andauernde Reden, Diskutieren schlauchte ein wenig. Status 25,13%.

Der ganze Tag verlief nett, dennoch freute ich mich auf die Rückfahrt, vor allem, weil ich mich entschieden hatte, mit dem ICE zu fahren. Keine drei Stunden später kam ich abends in Bielefeld an. Legte mich früher als sonst schlafen und schaltete den Reparaturmodus wieder an. Status 29,68%.

Ich brauchte den Samstag und Sonntag, um wieder fit zu werden. Mein Reparaturmodus ist vermutlich defekt und läuft unerwartet langsam. Vor wenigen Jahren feierte ich die Wochenenden durch und kam mit erschreckend wenig Schlaf aus. Vielleicht altert mein Körper schneller als mir lieb ist. Oder vielleicht liegt es daran, dass ich damals belebende, koffeinhaltige Getränke mit Alkohol-Geschmack trank, um meinen Durst zu löschen. Ein Rätsel, das niemals gelöst werden wird.

Sonntag. Aktueller Status 87,72% mit absteigender Tendenz. Ob ich je wieder 100% erreiche?

Mein Highlight der Woche

Mein 2-jähriger Neffe freute sich diese Woche auf meinen Besuch, weil er mit mir Fußball spielen wollte. Er spielt wie ein junger Fußballgott. Aus jeder Position heraus trifft er den Ball und kickt ihn mit lautem Lachen im hohen Bogen weg. Un-glaub-lich!