Joachim Gauck stellt sich nicht für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident zur Verfügung, und ich finde das gut.
»Freiheit«. Wenn ich an Gauck denke, erscheint das Wort sofort in meinem Kopf.
An sich ist Freiheit etwas Gutes, doch wenn ich Joachim Gauck von »Freiheit« reden höre, muss ich unweigerlich an einen anderen Mann aus dem Osten denken. Vor Jahren stolperte ich nämlich per Zufall über ein Interview, in dem ein Ostdeutscher sinngemäß sagte:
»Ja, wir dürfen jetzt überall hinreisen, aber haben kein Geld dafür. Also können wir nirgends hin.«
Was ist Freiheit, die nicht ausgelebt oder wahrgenommen werden kann – nur eine andere Form von Unfreiheit?
Keine Freiheit zu haben, ist schlimm. Freiheiten zu besitzen, die im Grunde nie wahrgenommen werden kann, hat etwas Hinterlistiges und Heimtückisches, denn es nährt die Mär, dass derjenige selbst schuld daran ist.
Wenn ich Gauck redeten hörte, fragte ich mich immer wieder:
Was hat das mit der Lebenswirklichkeit der Menschen zu tun, die täglich versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen, die Angst vor der Zukunft haben, weil sie dann befürchten, alleine und hilflos in die Altersarmut abrutschen, wenn sie es nicht bereits schon sind, die Angst vor Überfremdung haben… oder, was ist mit den geplanten außerdemokratischen Schiedsgerichten bei CETA und TTIP?
Es heißt, der Bundespräsident solle sich nicht in die (tagesaktuelle) Politik einmischen, sondern repräsentieren (was Gauck trotzdem gemacht hat). Nur, wen repräsentiert er: das Volk oder nur eine abgehobene Elite?
Wer frei sein will, muss hart dafür arbeiten. Am besten mit geringem Lohn, idealerweise subventioniert durch den Staat. Grenzenlose Freiheit scheint nur für die globalen Märkte zu gelten, aber nicht für Menschen.
Nicht, dass wir uns falsch verstehen, Freiheit bedeutet nicht einfach Grenzenlosigkeit, sondern Verantwortung jedes Einzelnen innerhalb bestimmter Grenzen. Mir scheint nur, das gilt ausschließlich für die Menschen.
Gauck hatte die Freiheit, sich gegen eine zweite Amtszeit zu entscheiden. Andere haben sie nicht. Er bleibt für mich am Ende »ein Mann von und im gestern«.