gabriel garcia marengo

Gedanken an den Enden herabhängender Augen

Einige Gedanken blieben in meinem Kopf unnötig lange und blähten sich zu Problemen auf. Es wäre für mich akzeptabel gewesen, wenn sie damit keinen Raum für andere, lästige Gedanken ließen. Doch wenn es um ungewollte Gedanken ging, dann schien das menschliche Gehirn grenzenlos zu sein.

Ich war schon einen Level weiter und machte mir Gedanken über meine Gedanken, anstatt etwas dagegen zu tun. Aber vielleicht war das die Art von Denken, mit der man sich selbst gefangen nahm, indem man sich in einer selbst erdachten Endlosschleife verfing und aus der man ohne Hilfe oder Zufall nicht herauskam.

Mit vollem Kopf und verschlossenem Gesicht – denn solche Gedanken nahmen mich völlig in Beschlag – eilte ich über den Gang, als plötzlich jemand vor mir auftauchte und meinen Weg versperrte.

Ich weiß nicht, was ich zuerst bei ihr sah, ihre an den Enden herabhängenden Augen, die unerwartet traurig auf mich wirkten oder das Grün, das zu hell zu leuchten schien und meiner anderen Wahrnehmung seltsam entgegen wirkte. Trotz dieser Widersprüchlichkeit – oder gerade deswegen – verspürte ich das Gefühl, sie zu trösten.

Woher kam ihre Traurigkeit? War sie real oder bildete ich mir das nur ein? Vielleicht erlag sie ihrer entgegengebrachten Traurigkeit, weil sie alle für traurig hielten und sie trösten wollten. Das wäre tragisch.

Während all diese Gedanken in kurzer Sequenz durch meinen Kopf schossen und die anderen Gedanken für einen Moment beiseite drängten, stand ich angewurzelt da, wie ein Computer Programm, das den Kühler eines Prozessors wild aufdrehen ließ und nicht voran kam.

Der Gedanke, einen Schritt zur Seite zu gehen, hatte es noch nicht in mein Bewusstsein geschafft.

Bevor mein Gesicht aufwachte, um irgendetwas auszudrücken, lächelte sie.

Ich lächelte. So einfach ging das.

Jeder von uns veränderte ein wenig seine Richtung und ging weiter.

Bevor ich am Ende des Gangs die Glastür öffnete und sich die alten Gedanken wieder melden würden, wollte ich mich kurz nach ihr umdrehen, als mir ein anderer Gedanke dazwischen kam. Manchmal, gestand ich mir ein, blieb ich zu lange alleine mit meinen Gedanken, und es schien so, als bestünde die Welt aus nichts anderem.

Ich ging hinaus und das Lächeln blieb.

Photo by Gabriel Garcia Marengo on Unsplash


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