Du bist alt, wenn…

…dir deine Mutter spontan eine Antifaltencreme kauft und schenkt!

Zugegeben, eine aufmerksame Geste, mit der meine Mutter mir und meinem Gesicht etwas Gutes tun wollte. Allmählich versteht sie wohl, dass wohlgemeinte Worte alleine nicht mehr helfen.

Seit einigen Jahre bietet mein Gesicht den Falten ein richtiges Zuhause an. Waren es früher sehr wenige, die mein Gesicht als ihren Altersruhesitz aufsuchten, gewinnt mein Gesicht mit zunehmendem Alter sowohl quantitativ als auch qualitativ an Falten. Vielleicht geht mein Gesicht gerade viral bei den Falten.

Aber das Ganze erschüttert mich nicht. Ich nehme es gelassen. Mein Gesicht hat jetzt mehr Tiefgang und andere Probleme. Es war schon immer ein Ort der Zerknitterung. Früher musste ich eigens dafür lächeln, dann sah ich im Gesicht wie ein ungebügeltes T-Shirt aus. Apropos, vielleicht kann mir einer von euch helfen: Gesichter waschen, das kann ich, aber wie geht bügeln? Ich bekomme die Falten nicht raus!

Wenn du ein gutes Mittel gegen Falten hast, dann schreib mir bitte! Bei aller Charakterausprägung im Gesicht und am Hals, ich möchte nicht die kritische Schwelle überschreiten, wo zwischen den Falten ein Gesicht hervorschaut und von meinem Hals Lappen herabhängen, die jedes Huhn in Wallung bringen.

Spaß beiseite. Falten sind der unverwechselbare Fingerabdruck der Zeit und machen ein Charaktergesicht wie meins aus. Das habe ich mir so oft gesagt, dass es zu wirken scheint. Was soll ich auch machen? Ich glaube nicht, dass die Cremes wirklich die Zeit auf meinem Körper anhalten. Ich benutze sie aus Gewohnheit.

Als Kinder beobachteten mein Bruder und ich, wie sich meine Mutter nach dem Händewaschen oder auch zwischendurch die Hände immer wieder mit Nivea eincremte. Manchmal rieb sie auch ihr Gesicht damit ein.

Was die Mama macht, müssen die Kinder immer nachmachen. Also schlichen wir zum Cremetöpfchen, tauchten behutsam unsere Finger wie riese Bärentatzen hinein und leerten die Hälfte des Inhalts mit einer Anwendung – ein Traum jedes Herstellers.

Dann schmierten wir unsere Hände damit ein und verteilten die Creme großflächig auf unserem Gesicht. Stellenweise schimmerte unser Gesicht durch die dünnen Cremeschichten hindurch. Auch wenn wir es irgendwie merkwürdig fanden, begannen wir uns immer wieder einzucremen. Und wir hatten dazugelernt und begnügten uns mit bescheideneren Mengen.

Heute muss ich mir nach dem Händewaschen oder Duschen sofort die Hände und mein Gesicht eincremen, sonst fühlt sich meine Haut an, als trockene sie und ziehe sich dabei ein. Ein ekeliges Gefühl.

Als ich bei meiner Mutter war, griff routiniert wie das Kind von damals zu ihren Cremes. Da ich selbst keine Antifaltencreme besaß (ich habe nur die Nivea), dachte ich, ich probiere mal etwas anderes aus. Meine Mutter sah das und fragte mich, ob ich denn keine eigene hätte. Wenn sie fragt, kann das ein Indiz dafür sein, dass es sich um eine teure Creme handelt oder es war aus Fürsorge. Eltern fällt es schwer, ihre Kinder altern zu sehen.


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