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SPON: »Einfluss auf die Gesellschaft: Radikal dank Facebook«

Auf SPON erschien heute der lesenswerter Artikel »Einfluss auf die Gesellschaft: Radikal dank Facebook«, der die Auswirkung der Suchalgorithmen von Facebook und Google in Hinsicht auf Meinungsbildung und Radikalisierung kritisch beleuchtet.

War die Wut oder der Hass vorher schon da?

Gleich zu Anfang stellt der Autor Christian Stöcker die Frage: War die Wut oder der Hass vorher schon da oder nahm er dank der sozialen Medien zu? Er beantwortet seine Frage vorsichtig mit:

Die […] mögliche Erklärung ist komplizierter und weit beunruhigender. In Kurzform lautet sie so: Es erscheint nicht nur so, als ob derzeit immer mehr Menschen immer radikalere Positionen vertreten – es ist tatsächlich so. Das Netz radikalisiert manche Menschen.

Anschließend führt er eine Reihe von Erklärungen und Gefahren auf, die ich interessant finde und auf die ich nachfolgend eingehen werde. Ich orientiere mich dabei frei an dem Artikel, d.h. es lohnt sich den SPON Artikel zu lesen.

Wie werden relevante Inhalte gefunden?

Beide sozialen Netzwerke versuchen anhand von eigenen Algorithmen und der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen über uns, für uns relevante Inhalte zu finden und andere auszusortieren. Dadurch bekommen wir nicht »objektive« Informationen, aus denen wir selbst auswählen müssen, sondern wir bekommen bereits eine Vorauswahl, ohne es zu wissen oder zu merken.

Wer also regelmäßig auf bestimmte Inhalte klickt, sie liked oder teilt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ähnliche Nachrichten mit vergleichbarem Inhalt bekommen. Damit würden die beiden sozialen Netzwerke uns immer wieder in unserer Meinung bestätigen und bestärken. Es könnte also schnell passieren, dass wir kaum abweichende Inhalte angezeigt bekommen, die unsere Meinung verändern und bereichern könnten.

Wie wird man radikal?

Wir laufen Gefahr, durch das wiederholte Lesen von gleichen oder ähnlichen Inhalten unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt sie irgendwann für wahr zu halten.

Hier finde ich den SPON Artikel etwas dünn. Denn er klärt nicht, wieso die Menschen plötzlich radikalere Inhalte lesen. Weiterhin wird nicht jeder mit dem Lesen von radikalen Inhalten gleich radikal.

Daher an dieser Stelle eine andere, vereinfachte Erklärung (kommt wenn ich richtig erinnere aus der Gruppendynamik). Nehmen wir an, wir haben drei Personen mit jeweils einem Vorurteil gegenüber einer Gruppe. Durch Zufall oder ähnliche Interessen stoßen diese drei aufeinander, persönlich oder indem sie den Text des jeweils anderen lesen. Sie werden sich gegenseitig in ihrem Vorurteil bestärken und etwas radikaler werden als zuvor. Warum? Weil jeder jetzt statt nur einem gleich drei »Argumente« hat.

Was kann man dagegen tun?

Die Algorithmen zu beeinflussen, dürfte kaum möglich sein. Aber allein schon zu wissen, dass es einen Algorithmus mit speziellem Eigenziel gibt, halte ich im Umgang mit sozialen Medien wichtig.

Und wie überall im Leben ist die Diversifizierung ein wichtiger Aspekt. Ich informiere mich über verschiedene Kanäle und Medien. Weiterhin konsumiere ich die Inhalte nicht passiv, sondern versuche sie für mich, kritisch zu bewerten.

Bei der Recherche für meine Artikel verwende ich Google. Dabei suche ich sowohl positiv und auch negativ, sprich, ich überlege, was wäre das Gegenteil von dem was ich suche. Wenn ich nach »Facebook radikalisiert« suchen würde, wäre meine weitere Suche »Facebook sorgt für Meinungsvielfalt« o.ä.

Eine Frage bleibt trotzdem offen

Wer genau gelesen hat, konnte eine Frage weiter oben lesen, die der SPON Artikel und ich auch nicht beantwortet haben: Wie kommt es dazu, dass Menschen mehr radikalere Texte lesen?

Denn es ist nicht seit gestern so, dass Verschwörungstheorien, Lügen oder Hass übers das Internet und auch über soziale Medien verbreitet werden. Daher bleibt die Frage nach dem ersten Klick offen. Wer beim SPON Artikel gleich den ersten Kommentar liest, findet dort vielleicht eine mögliche Antwort oder zumindest einen Denkanstoß:

radikal dank dummer politik

»nicht afd, pegida, facebook lässt die leute radikalisieren sondern die antieuropäische politik von spd, cdu und grüne …«

Der Kommentar spiegelt nicht meine Meinung wider, aber der Hinweis auf die Politik geht schon in die richtige Richtung.

Wer mehr zu Meinungen und Mechanismen lesen möchte, ich hatte vor einiger Zeit etwas über Sarrazin geschrieben.

Quellen & Links

SPON: Einfluss auf die Gesellschaft: Radikal dank Facebook
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/filterblase-radikalisierung-auf-facebook-a-1073450.html, Stand 25.01.16

Leserkommentar: radikal dank dummer politik
URL: http://www.spiegel.de/forum/netzwelt/einfluss-auf-die-gesellschaft-radikal-dank-facebook-thread-411202-1.html#postbit_39812186, Stand 25.01.16


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