The Big Bang Theory – Der Sex und die Anziehungskraft

Penny ist eine sehr attraktive Frau und dem hochintelligenten Nerd Leonard in dieser Hinsicht haushoch überlegen. Genau das ist ihm bewusst. Er versucht, durch Anbiederung und Nettigkeit das auszugleichen. Statt sich auf seine besonderen und individuellen Stärken zu besinnen, fängt er immer wieder an, sich ihr anzubiedern. Er will unbedingt gefallen und gemocht werden. Verkennt aber, dass er damit jene elementare Spannung nimmt, die für Anziehungskraft unentbehrlich und das Lebenselixier eines jeden Flirts ist. Er verhindert damit das Interesse an seiner Person, da er sich selbst aufgibt und für sein Gegenüber nicht erkennbar bleibt. Penny muss sich nicht mit ihm als eigenständige Person beschäftigen, sich mit Ungewissem plagen oder an sich selbst zweifeln. Nein, sie kann sich einfach zurücklehnen und sich langweilen.

Doch diesmal dreht er ungewollt den Spieß um.

Eine attraktive Frau wie Penny befindet sich häufig im Zentrum der Aufmerksamkeit vieler Männer – und das weiß sie! Viele Männer zeigen sich von dem Äußeren einer Frau so sehr beeindruckt, dass die Frau dies sofort bemerkt. Die einen reagieren sehr unterwürfig in ihrer Art, während die anderen meinen, den tollen Macker heraushängen zu müssen. Viele bewegen sich nuancierter und subtiler zwischen den beiden Extremen. Den meisten Männern ist dies nicht bewusst. Auch wenn beide Verhaltensweisen nach außen hin unterschiedlich wirken, sind sie nur zwei Enden der gleichen Wurst: Unterlegenheit.

Diese Männer reagieren auf die Frau und versuchen jeder auf seine Art, die Frau im Grunde zu überreden und in eine bestimmte Richtung zu drängen. Das merkt und mag kein Mensch. Wer kann sich in solch einer Situation locker und unbefangen auf den anderen einlassen! Diese Männer selbst sind dabei nicht authentisch. Sie ruhen nicht in sich selbst und handeln nur reaktiv statt aktiv. Egal, was sie dann tun, sie befinden sich nicht auf Augenhöhe mit der Frau. Diese Männer haben bereits Vorurteile gegenüber der Frau nur allein wegen ihres Äußeren. Statt sich auf sie einzulassen, um ihr so zu begegnen, wie sie ist, sind sie selbst nicht mal bei sich selbst. So trifft die eigene Vorstellung von einem anderen Menschen auf einen Menschen, der sich vorstellt, wie man sich selbst vorstellt, dass der andere Mensch sich einen vorstellt bzw. wünscht. Daher gibt es nur eine Möglichkeit.

Ohne all das zu wissen, fand Leonard genau den Schlüssel zum Erfolg.

Als Penny mit ihm gemeinsam ins Kino ging[1], suchte sie wie immer einen Liebesfilm aus. Auch wenn es ihm selbst nicht gefiel, sagte er normalerweise zu allem was Penny mochte „Ja“. Er verfolgte damit ein schlichtes Ziel: Sex. Dahinter steckte nicht einmal der simple Gedanke „ich tue etwas, was du möchtest und bekomme dafür, was ich möchte“, denn Penny wies ihn zu Recht darauf hin, dass sie ohnehin Sex gehabt hätten, als sie noch zusammen waren. Er verneinte dies und offenbarte seine große Unsicherheit und Angst, etwas Falsches zu tun ganz im Sinne von „ich tue nichts, was dich verärgert und damit den Sex verhindert“. Er sieht den Sex als einziges Ziel und vermag selbst keine Spannung zu erzeugen, um Penny in jene Stimmung zu versetzen, die ihn zum gewünschten Akt führt. Sein Verlangen nach Sex dürfte gestiegen sein, weil er sich zu sehr darauf fixierte. Dabei dürfte ihm selbst nicht bewusst sein, wie viel Sex er wirklich wollte oder brauchte.

In Beziehungen führt dieses Ungleichgewicht zu mehr Verlangen auf der Seite des unterlegenen Partners. In diesem Fall des Mannes, der sich nur auf das „Eine“ versteift. Für die Frau hat es den Anschein, als reduziere er die Beziehung nur auf Sex. Diskussionen und Streit um Sex sind die Folge. Die Frau stöhnt, ihr Mann wolle andauernd nur Sex und fühlt sich genervt. Während sie also von ihm Abstand nimmt, beginnt er sich zu beklagen, sie hätten viel zu wenig Sex. Sein Verhalten spiegelt das genaue Gegenteil von ihrem wider. Während sie sich immer mehr gereizt und genervt fühlt – vielleicht sogar abgestoßen, zieht sie sich immer mehr zurück. Er merkt, dass ihm die Situation und sie immer mehr entgleiten. So beginnt er, sie noch mehr zu bedrängen und einzuengen. Beide befinden sich in einer Abwärtsspirale, aus der sie nicht entkommen. Das Verhalten beider hat sich aufeinander eingestimmt und eingependelt. Sie stehen in Wechselwirkung miteinander und gleichen sich aus. Dabei ist Sex nur ein Symptom, aber nicht die Ursache. Beide müssten ein offenes und ehrliches Gespräch führen, ohne sich gegenseitig anzuklagen.

Das „Ja“ lag Leonard bereits wieder auf den Lippen, auch wenn er Liebesfilme mit Jennifer Aniston nicht leiden konnte. Doch plötzlich konnte er sich aus dieser für ihn unvorteilhaften Situation in diesem Moment lösen. Kurz bevor er wieder in den alten, devoten Reflex von früher verfiel, wurde ihm bewusst, dass dies kein Date sei, sondern nur ein platonischer Abend werden würde. Es würde am Ende keinen Sex geben – egal, ob er etwas richtig oder falsch machen würde. Das nahm ihm den Druck und die Angst. Endlich konnte er er selbst sein! Er musste sich nicht verbiegen.

„Nein!“

Leonard widersprach ihr. Sein breites Lächeln zeigte, wie gut er sich damit fühlte. Er suchte einen anderen Film aus, den er sehen wollte. Es war ihm egal, dass sie kein Interesse daran hatte. Jedes Mal gab er bereitwillig nach. Heute nicht. Sie fügte sich ihm – so einfach war das.

Dabei entging ihm aber etwas.

Penny fing langsam an, Gefallen an dem selbstbewussten Leonard zu finden. Er machte nicht nur einen selbstsichereren Eindruck, sondern war auch unabhängiger und distanzierter. Er wirkte nicht mehr bedürftig. Sie hingegen büßte einen Teil ihrer Anziehungskraft auf ihn ein, verlor zugleich die Kontrolle über ihn. So steigerte er unbewusst seine Attraktivität, auch für andere Frauen.

Er jedoch begann, berauscht von seinem unerwarteten Sieg und seiner Unabhängigkeit, sich zu selbstsicher zu fühlen und zu übertreiben. Immer wieder wiederholte er, dass es sich um kein Date handelte und nutzte das, um sich großkotzig zu benehmen. Damit bestätigt er sich nur selbst und zeigte sich als schlechter Gewinner – im Grunde hatte er verloren. Dabei hätte er es auf sich beruhen lassen, sich etwas großzügig zeigen und ihr volle Aufmerksamkeit schenken können. In Pennys Augen hätte er damit an noch mehr Achtung gewonnen. In dieser Stimmung hätte er ein intensives Gespräch mit ihr führen können. Er hätte einen intimen Moment schaffen können, bei dem sie sich näher gekommen wären.

Doch statt Wertschätzung zu schaffen provoziert er bei ihr ihren Verteidigungs- bzw. Angriffsreflex. Was macht eine Frau in solch einer Situation? Richtig, sie weist den Mann in seine Schranken zurück, in dem sie ihm seine Grenzen vor seinen Augen vorführt. Deutlich wurde dies in der nächsten gemeinsamen Szene nach dem Kinofilm.

In einer Bar saßen sie gemeinsam an einem Tisch. Leonard stand auf, um Getränke zu holen. Er machte halt, drehte sich zu ihr um und da war es wieder: sein breites Grinsen. Er streckte seine Hand in ihre Richtung aus und verlangte von ihr Geld. Sie solle ihr Getränk selbst bezahlen. Als erfolglose Schauspielerin hielt sich Penny mit dem Job als Bedienung in der Cheesecake Factory mäßig über Wasser. Im Grunde war sie Dauerpleite. Mit seinem Verhalten demütigte er sie und stellte sie zugleich in der Öffentlichkeit bloß. Als er dann von der Theke zurückkam, bekam er die Quittung serviert.

Penny hatte sich einfach zum Nachbartisch umgedreht und quatschte einen Drehbuchautor an. Der reagierte vollauf begeistert. Leonard stand da wie ein begossener Pudel mit beiden Getränken in der Hand. Und wie reagiert er in dieser Situation? Er verweist kleinlaut darauf, dass sie gemeinsam hier seien. Sie pariert souverän, indem sie ihn mit seinen eigenen Worten schlägt: dies sei kein Date. Er solle sich auch jemanden zum Reden suchen. Noch deutlicher kann jemand die eigene Überlegenheit nicht demonstrieren und sein Gegenüber demontieren.

Tatsächlich macht er das. Zu seinem Erstaunen fand er eine Frau, mit der er sich unterhalten konnte. Dann tauchte Penny bei den beiden auf. Der Drehbuchautor war weg und sie allein. Als sie ignoriert wurde und seinen Erfolg bei ihr beobachten konnte, griff sie ein. Hier mit der bewährten Taktik: mach ihn lächerlich. Beide verheddern sich in einem Streit, was zur Flucht bei der anderen Dame führte. Auch hier siegte Penny. Es zeigt aber auch, dass sie nicht die Überlegene ist, die glaubt zu sein. Ihn wieder vor den Augen anderer herunter zu machen, ist nicht die Strategie eines wirklich selbstbewussten Menschen. Der würde sich nicht die Mühe machen, dorthin zu gehen und mitzureden. Daher konnte Leonard bei diesem Nicht-Date durch die Veränderung seiner inneren Haltung etwas Positives bei Penny bewirken.

Als sie wieder gemeinsam vor ihrer beider Haustür standen, wurde Leonard bewusst, dass er „es“ fast bei Penny geschafft hätte. Doch statt diesen Moment zu kosten und auf sich beruhen zu lassen, musste er es genau wissen und fragte nach. Zu direkt. Zu unsouverän. Er befand sich dort, wo er vor dem Nicht-Date begonnen hatte. Doch diesmal hatte er etwas Dank seines gelöstes und bestimmtes Auftreten geschafft: nur durch sein Selbst anziehend und interessant auf eine Frau zu wirken.

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Link
[1] The Big Bang Theory – Zwei komische Vögel (Season 5 Episode 9)
URL: http://www.prosieben.de/tv/the-big-bang-theory/episodenguide/episode-9-1.3167975/, Stand 28.07.2013


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